Achtung bei der Verjährung von Mängelrechten. Rüge allein unterbricht die Verjährung nicht !
Ansprüche gegenüber dem verantwortlichen Unternehmer und/oder Planer bei Baumängeln verjähren 5 Jahren nach Abnahme bzw. Übergabe des Bauwerkes, unabhängig davon, ob die Regeln des Obligationenrechts (Art. 371 OR) zur Anwendung gelangen oder die Parteien die Gewährleistungsregeln des SIA (Art. 180 SIA-Norm 118) vereinbart haben. Die Praxis zeigt, dass diese 5-Jahresfrist sehr kurz sein kann, insbesondere wenn die Mängel erst ein paar Monate oder Jahre nach der Abnahme auftreten bzw. erkannt werden.
Bauprozesse sind teuer und aufwändig, weshalb bei Baumängeln gute Gründen für eine aussergerichtliche Auseinandersetzung mit dem verantwortlichen Unternehmer oder Planer sprechen. Vielfach lassen sich Streitigkeiten mit einem aussergerichtlichen Gutachten klären oder am Verhandlungstisch lösen, ohne dass der geld- und zeitraubende Gang vor den Richter notwendig wird. Aber auch eine aussergerichtliche Streitbeilegung braucht Zeit. Ziehen sich diese in die Länge oder wird der Mangel erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist erkannt, besteht für die Bauherrschaft die Gefahr, in die Verjährungsfalle zu tappen.
Denn entgegen einer weitläufigen Meinung wird die Verjährung noch nicht unterbrochen, wenn der Bauherr den Mangel dem Unternehmer mit einem eingeschriebenen Brief gerügt und diesen zur Nachbesserung aufgefordert hat. Eine Unterbrechung der Verjährung kann nur nach den in Art. 135 OR festgehaltenen Unterbrechungsgründen erwirkt werden. Danach wird die Verjährung einzig unterbrochen, wenn der Unternehmer/Planer den Mangel und seine Nachbesserungspflicht anerkennt oder aber der Besteller die Nachbesserung mit Einreichung des Schlichtungsgesuchs oder der Zivilklage (in den Fällen, in denen die Zivilprozessordnung kein Schlichtungsverfahren vorsieht) gerichtlich innert der fünf Jahre nach der Abnahme geltend macht. Die normalerweise eine Verjährung ebenfalls unterbrechende Schuldbetreibung genügt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei Mängeln an Bauwerken in der Regel nicht, da die Nachbesserungsverpflichtung keine Geldleistungen darstellt und damit nicht Gegenstand einer Betreibung sein kann.
Bezüglich der Verjährungsunterbrechung bei Baumängeln ist insbesondere immer wieder strittig, ob eine Beteiligung des Unternehmers bei der Mangeleruierung oder bei Vornahme von allfälligen Sofortmassnahmen als Anerkennungshandlungen i.S.v. Art. 135 OR gewertet werden kann. Das Bundesgericht hat dazu in einem kürzlich ergangenen Entscheid (4A_111/2018 05.10.2018) wichtige Fragen geklärt bzw. präzisiert. Das Bundesgericht hatte (zusammenfassend) folgenden Sachverhalt zu beurteilen:
Zwischen der Bauherrschaft und der Unternehmerin waren seit geraumer Zeit Diskussionen betreffend Wassereintritten am Bauwerk in Gange. Es wurde ein technisches Gutachten eingeholt, wobei die Unternehmerin dabei mitwirkte. Nach Vorliegen des Gutachtens nahm die Unternehmerin zu einem späteren Zeitpunkt noch gewisse Abdichtungs-/Nachbesserungsarbeiten vor. Für diese Arbeiten hatte die Unternehmerin jedoch anschliessend Rechnung gestellt. Die Bauherrschaft reichte danach – da keine Einigung über die Kosten für die Nachbesserung gefunden werden konnte – Klage gegen die Unternehmerin auf Zahlung der Nachbesserungskosten ein. Da jedoch mehr als 5 Jahre seit der Abnahme verstrichen waren, erhob die Unternehmerin die Einrede der Verjährung. Die Kläger machten dagegen geltend, dass die Unternehmerin mit der vorbehaltlosen Mitwirkung beim Gutachten sowie durch die ausgeführten Abdichtungsarbeiten eine Gewährleistungsverpflichtung anerkannt und damit die Verjährung unterbrochen hätten.
Die Kläger unterlagen vor den Vorinstanzen, welche die Ansprüche als verjährt beurteilten. Das Bundesgericht folgte diesen und präzisierte seine bisherige Rechtsprechung in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung bei Baumängeln. Zuerst verwies das Bundesgericht auf seine generelle Rechtsprechung zu Art. 135 OR und hielt fest, dass als Anerkennung mit Unterbrechungswirkung jedes Verhalten des Schuldners gelte, welches vom Gläubiger nach Treu und Glauben im Verkehr als Bestätigung seiner rechtlichen Verpflichtung aufgefasst werden darf, wobei eine grundsätzliche Anerkennung der Schuldpflicht genüge und sich diese nicht auf einen bestimmten Betrag beziehen müsse.
Das Bundesgericht führte weiter aus, dass bei der Gewährleistungspflicht die Verjährung etwa dann unterbrochen werde, wenn der Unternehmer damit beginne, Nachbesserungsarbeiten auszuführen. Dies gelte aber nicht, wenn dieser etwa erkläre, dies nur aus Kulanz zu machen oder zwar mir der Nachbesserung beginne, jedoch eine Haftung ausdrücklich bestreite. Ebenfalls reicht nach Bundesgericht die Erklärung, dass man der Sache auf den Grund gehe oder den Mangel vorsorglich der Versicherung anmelde, nicht für eine Anerkennung i.S.v. Art. 135 OR aus.
Im Hinblick auf den zu beurteilenden Fall kam das Bundesgericht gestützt auf seine bisherige Rechtsprechung zum Schluss, dass die aktive Mitwirkung an einem (technischen) Gutachten nicht als Bestätigung für eine rechtliche Gewährleistung/Haftung verstanden werden könne – eine solche Mitwirkung sei ähnlich einer Erklärung, der Sache nachzugehen, zu behandeln. Indem eine Unternehmerin sich an der Suche nach der Mängelursache beteilige, anerkenne sie noch nicht, für einen etwaigen Mangel rechtlich haftbar zu sein. Eine Unterbrechung der Verjährung sei durch die Mitwirkung der Unternehmerin am Gutachten somit nicht eingetreten.
Auch in Bezug auf die vorgenommenen Nachbesserungsarbeiten sah das Bundesgericht die Voraussetzungen für eine Unterbrechungshandlung als nicht erfüllt. Entscheidend dabei war, dass die Unternehmerin die Arbeiten zwar ausführte, darüber jedoch innerhalb eines Monates Rechnung stellte. Zusammenfassend führte das Bundesgericht dazu aus, dass bei Nachbesserungsarbeiten, über welche die Unternehmerin innert geschäftsüblichen Frist eine Rechnung stelle, nicht von einer verjährungsunterbrechenden Anerkennungshandlung ausgegangen werden dürfe, da die Unternehmerin durch die Rechnungsstellung klar zum Ausdruck gebracht habe, dass sie keine unentgeltliche Nachbesserungspflicht/Haftung anerkenne.
Kommentar
Der Entscheid führt aus Sicht der Bauherrschaften sicher nicht zu einer Verbesserung der ohnehin schon strengen Verjährungsregeln im Bauvertragsrecht. Inhaltlich ist der Entscheid jedoch – aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts – konsequent und nachvollziehbar und klärt doch zumindest einige im Bereich der Verjährungsunterbrechung bestehenden Fragen und Unklarheiten.
Der Entscheid zeigt anschaulich auf, dass der Verjährungsproblematik bei Baumängeln in der Praxis genügend Beachtung eingeräumt werden muss. Wichtigste Botschaft für Besteller und Bauherrschaften ist, dass auch bei einvernehmlichen Gesprächen und sogar bei einer aktiven Beteiligung der Unternehmerin an einem Gutachten oder an anderen Abklärungen nicht von einer Anerkennung der Nachbesserungspflicht und damit einer Verjährungsunterbrechung ausgegangen werden kann. Nimmt der Unternehmer zwar Nachbesserungsarbeiten vor, stellt diese jedoch nachträglich in Rechnung, darf der Besteller nicht von einer Anerkennung ausgehen, sondern muss die Verjährung anderweitig unterbrechen. Die Nichtbezahlung der Rechnung reicht dafür nicht aus, da es auf die Erklärung der Unternehmerin ankommt und diese bereits mit der Rechnungstellung zum Ausdruck bringt, nicht von einer Nachbesserungsverpflichtung auszugehen.
Ziehen sich die Verhandlungen über Mängel und Haftungsfragen hin und rückt die Fünfjahresfrist näher, so ist die Bestellerin deshalb gut beraten, frühzeitig von der betreffenden Vertragspartnerin eine schriftliche Verjährungseinredeverzichtserklärung einzuholen. Wird eine solche nicht abgegeben, ist vorsorglich das Schlichtungsgesuch/eine Klage beim Gericht anhängig zu machen, will die Bestellerin nicht Gefahr laufen, dass ihre Ansprüche aus dem Vertrag verjähren.
(Quelle: lic.iur. Christoph Schärli, Geissmann Rechtsanwälte AG, Zürich und Baden)